Dienstag, 15. November 2016

Der kleine König Dezember im Schlosspark-Theater

30.10.2012:

Am vergangenen Sonntag fand eine besondere Premiere statt: „Der kleine König Dezember“ sollte eigentlich schon am 6. Oktober erstmals im Schlosspark-Theater in Steglitz aufgeführt werden. Aber wenige Tage vor dem geplanten Termin überschattete der plötzliche Tod des Hauptdarstellers Dirk Bach die Vorbereitungen.


Dirk Bach, bekannt aus zahlreichen Theateraufführungen sowie präsent in vielen TV-Formaten, wurde Anfang Oktober in seiner Berliner Wohnung in der Nähe des Spielortes tot aufgefunden. Neben den emotionalen Reaktionen mit Bestürzung, Überraschung und Mitgefühl mit den Menschen aus dem engen Umfeld des Mimen hatten die Verantwortlichen aber auch gemeinsam schwierige Entscheidungen zu treffen: Sollte das Stück besser abgesetzt werden oder – nun gerade – doch aufgeführt werden. Und nachdem man sich, wohl im Sinne Dirk Bachs, entschieden hatte, es nicht abzusetzen, ergaben sich weitere Fragen:

Wer soll und wer will die Nachfolge übernehmen? Und lässt man Dirk Bach auch nach seinem Ableben noch an dem Stück teilhaben und wie kann dies geschehen? Die Gefahr, bei einem solchen Unterfangen die Emotionen der übrigen Akteure und auch des Publikums über Gebühr zu beanspruchen, lauerte allenthalben.

Nach wenigen Tagen meldete sich Gustav Peter Wöhler, weil er sich vorstellen konnte, in die Rolle des kleinen König Dezember zu schlüpfen. Gern wolle er damit einerseits Dirk Bachs Wirken wertschätzen aber auch das von Dieter Hallervorden seit Jahren mit viel Herzblut und Enthusiasmus geführte Schlosspark-Theater unterstützen. Viele werden Gustav Peter Wöhler aus zahlreichen Krimis, angefangen beim „Tatort“ und „Polizeiruf 110“, kennen. Anderen wird er dagegen aus verschiedenen Kinoproduktionen (z. B. „Die sieben Zwerge 2 – Der Wald ist nicht genug“ oder „Absolute Giganten“) bekannt sein. Nur wenige werden dagegen wissen, dass Gustav Peter Wöhler nebenbei auch regelmäßig mit seiner gleichnamigen Band live aufspielt und auch schon mehrere CDs produziert hat.

Am Sonntag nun war es soweit: Der verschobene Premierentermin stand nach nur drei Wochen Probezeit an, wobei diese Probezeit auch wegen der parallelen Aktivitäten des Hauptdarstellers nicht durchgängig zur Verfügung stand; die Generalprobe fand erst am Premierentag im Laufe des Vormittags statt. Und so wartete das Publikum im ausverkauften Theater wohlwollend und mit positiver Vorfreude auf das, was in dieser kurzen Zeit auf die Beine gestellt werden konnte.


Um es vorwegzunehmen: Am Ende wurden Schauspieler, Regisseur, Bühnenbildner und alle darüber hinaus beteiligten Akteure mit standing ovations zu ihrer sehr gelungenen Leistung beglückwünscht. Neben den überzeugenden und die jeweiligen Charaktere gut herausarbeitenden Darstellern Gustav Peter Wöhler und Matthias Freihof hat mich die Handschrift des für die eingesetzte Videotechnik zuständigen Axel Martin besonders angesprochen.

Bislang war das Schloßparktheater nicht unbedingt für einen hervorstechenden Einsatz technisch modernen Equipments bekannt und dankt seinen bisherigen Erfolg vor allem den regelmäßigen schauspielerischen Fähigkeiten. In diesem Stück kommt nun aber die Komponente Technik hinzu.
Als Autor stellt Axel Hacke den Dialog zwischen dem „großen Insbürogeher“ und dem bei ihm wohnenden, nur fingergroßen König Dezember II. über die verschiedenen Welten, in denen sie leben, in den Mittelpunkt. Da man in der Welt des kleinen Königs als „Großer“ zur Welt kommt und bereits zu diesem Zeitpunkt alles kann und nichts mehr lernen muss, erscheinen ihm die Darstellungen des von Matthias Freihof dargestellten „großen Mannes“ nicht nur befremdlich, sondern unlogisch. Denn in seiner Welt schrumpfe man im Laufe der Zeit immer weiter, bis man irgendwann nicht mehr zu sehen sei. Außerdem vergesse man immer mehr und die anderen müssten einem immer wieder alles erklären. Man selbst habe mit zunehmendem Alter immer mehr Zeit, sich auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens zu konzentrieren, wie zum Beispiel im Garten nach Schatten zu schauen oder Wolken Namen zu geben.
Sehr schön wird dem Publikum dabei vorgeführt, wie sehr man sich in der Welt des kleinen Königs auf das Alter freuen könne, weil doch viele schöne Dinge auf einen warten würden.


Allein schon die Aufgabe, die Größenunterschiede zwischen dem „großen Mann“ und dem kleinen König auf die Bühne zu transportieren, ist nicht ganz leicht. Aber hier wird sie mit Hilfe von Videotechnik, die den „großen Mann“ immer wieder überlebensgroß an das liebevoll gestaltete Bühnenbild projeziert, gelöst. Das besondere dabei ist, dass es hier gelingt, mit wenigen Handgriffen Projektionen im Hintergrund in reale Gegenstände auf der Bühne zu transferieren und umgekehrt. So gelingt es, Bühne und Videoprojektion nicht als zwei sich gegenüberstehende Handlungsfelder voneinander zu trennen, sondern als eine verschmelzende Einheit mit fließenden Übergängen darzustellen.

Mit besonders viel Fingerspitzengefühl gelingt es dabei, Dirk Bach immer wieder in das Stück zu integrieren. Glücklicherweise wurden einige Situationen, in denen er als Teil der Videoprojektion agieren sollte, noch vor seinem Tod aufgezeichnet. So kann er auch jetzt noch so manches Lächeln auf die Lippen des Publikums zaubern, wenn er beispielsweise als Pilot eines Papier-Jets über das Bühnenbild flitzt.

Insofern ist den Verantwortlichen hier im doppelten Sinne eine Integration geglückt, wenn sie das Publikum auch in den kommenden Wochen immer wieder einmal in die Welt de kleinen Königs Dezember entführen.






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