Montag, 14. November 2016

Auftakt zur letzten Runde?

17.08.2012:

Peter Schwenkow hatte es angekündigt: Künftig sollen die Seefestspiele wegen der Unstimmigkeiten mit dem Berliner Senat nicht mehr in der Hauptstadt stattfinden. Man wird sehen, ob insoweit schon das letzte Wort gesprochen ist oder sich die Beteiligten noch annähern.

Gestern jedenfalls stand die diesjährige Premiere von “Carmen” im Strandbad Wannsee an. Eigentlich sollte dabei der Öffentlichkeit erstmals der riesige Fächer als Bühnenbild, die untergehende Abendsonne durchblinzeln lassend und einen Blick auf die Wasseroberfläche ermöglichend, präsentiert werden. Und eben für diesen Abend hatte man offensichtlich vergessen, Petrus einzuladen. Schade, es wären doch durchaus noch einige Plätze frei gewesen.



Die Zuschauer auf der gut aber nicht voll besetzten Tribüne merken von Beginn an, dass Regisseur Volker Schlöndorff auf Dynamik setzt: Tänzerinnen und Tänzer wirbeln über die Bühne, hopsend, springend, lachend. Ein brennender Wohnwagen und ausgelassene Stimmung beim Fest der Zigeuner bringen Leben ins Stück.


Dennoch werde ich nicht wirklich mitgenommen auf die Reise dieser Oper. Liegt es wirklich nur daran, dass der wolkenverhangene Himmel so gar keine spanische Stimmung aufkommen lassen möchte? Oder fehlt noch etwas anderes? Mir jedenfalls fehlt Leidenschaft. Allen voran ist der von Hans-Georg Priese dargestellt Don José von Beginn an nicht nur dem Charme der Carmen erlegen, sondern auch stimmlich seiner Verehrten unterlegen. Aber auch dann, wenn man von ihm auf die Frage, ob er Baske sei, eine Antwort voller Stolz erwartet, wird man enttäuscht, als hätte er zu verkünden, er käme aus Klein-Pusemuckel.


Ganz anders dagegen Julia Rutigliano, die in der Rolle der Carmen aufgeht. Wunderbar bringt sie die verschiedenen Facetten dieser Person zur Wirkung: Aus der Zigarettenfabrik stürmt die Arbeiterin mit der großen Klappe, um mit ihren zahlreichen Verehrern zu spielen. Dennoch merkt man ihr ihre Außenseiterrolle als Zigeunerin ebenso wie ihre Verletzlichkeit und ihre Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe an. Aber auch den kokettierenden Männerschwarm nimmt man ihr problemlos ab.

Stimmlich weiß Carmen wohl dosiert zwischen Dynamik und Melancholie, zwischen überschwänglicher Freude und enttäuschter Traurigkeit zu differenzieren. Klar und sauber bringt sie ihren Mezzosopran zur Geltung und schafft es auch schauspielerisch, die verschiedenen Phasen des Stückes authentisch und überzeugend zu transportieren.


Hoffentlich springt an den kommenden Tagen mit den dann auch passenden Umständen sonniger und lauer Sommerabende an der Seebühne des Strandbads Wannsee der Funke von Julia Rutigliano auf die anderen Darsteller über. Dann ist Volker Schlöndorffs Open-Air-Inszenierung des Opern-Klassikers in jedem Fall sehenswert. Und sollte der Veranstalter seine Ankündigung wahr machen, lohnt es sich um so mehr, dieses Sommerevent mitzunehmen, so lange noch die Gelegenheit dazu besteht.


Letztendlich noch ein praktischer Tipp für alle Interessierten: Laue Sommerabende hin oder her – man sollte nicht vergessen, dass sich die Temperaturen mittlerweile doch recht schnell abkühlen, sobald die Sonne untergegangen ist. Eine zusätzliche Jacke oder gar eine kleine Decke kann da das richtige Mitbringsel sein und im Laufe des Abends neidische Blicke anderer hervorrufen.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen