Sonntag, 2. Oktober 2016

Südfrankreich im Oktober 2010

Schon vor meinem Start von Berlin aus Richtung Harz mit dem Ziel der DBAutozug-Verladestation in Hildesheim wusste ich, dass die geplante Zugfahrt bis Narbonne nur teilweise stattfinden werde: Die französischen Eisenbahner protestierten mit landesweiten Streiks gegen die von der Regierung beschlossene Anhebung des Rentenalters. Das bedeutete, das mich der Autozug nur bis Lörrach chauffieren würde.

Also habe ich es mir in meinem Schlafwagenabteil gemütlich gemacht, um mich für die eigentliche Anreise zu stärken.

Am nächsten Morgen ging es dann um 06:15 Uhr von Lörrach aus über Basel, Lausanne und Genf in Richtung Frankreich. Die Fahrt war bis dahin wenig ereignisreich: Das Erreichen der Marke von 120.000 km meines treuen Gefährtes im morgendlichen Stau in Basel war fast schon das Highlight.

In Frankreich ging es dann konsequent in Richtung Südwesten, denn eine mir bis dahin kaum bekannte Region war mein Ziel: Das Departement Le Gard, ein Teil der Cevennen und südlich der Ardeche gelegen. Insgesamt nahm die Fahrt von Lörrach bis Montclus, meinem Zielort, über zwölf Stunden in Anspruch, weil ich die Autobahnen fast vollständig mied; ansonsten wird man einiges an Zeit sparen können. Dennoch erscheint mir jetzt nach eigener Erfahrung die Anreise mit dem DBAutozug nach Avignon oder Narbonne als die deutlich bessere Alternative zur eigenen Anreise auf zwei Rädern.

Angekommen erwartete mich ein Paradies: Schon die letzten dreißig Kilometer ließen mit ihren gut ausgebauten Straßen, kurvenreich durch die Hügel geschwungen, die Anstrengungen des zu Ende gehenden Tages vergessen. Meine Unterkunft war in einem wunderschönen alten, architektonisch höchst interessanten Haus vorbereitet, wo ein schmackhaftes Abendessen in mehreren Gängen nebst einem sehr ansprechenden Gläschen eines Rotweins regionaler Herkunft auf mich warteten. Als ich dann von meinem Zimmerfenster aus kilometerweit über die bewaldeten Hügel hinweg in die untergehende Abendsonne und das prächtige Farbenspiel am Himmel schaute, stellte ich mir das erste Mal die Frage: Sollte man an solch einem Ort nicht einfach bleiben?

Am nächsten Morgen fuhren wir dann nach dem Frühstück vom Hotel La Magnanerie in Bernas/Montclus (www.magnanerie-de-bernas.com) wiederum eine kurvenreiche Passage, von der es im Departement Gard unzählige zu geben scheint, durch die Berge. Ziel war das alte Chateu de Portes, welches ehemals als Wachposten am höchsten Punkt einer Passstraße über den Verkehr von der und in Richtung zur Camargue diente.


Anschließend wartete ein anderer Höhepunkt auf uns: Wir durften die Rennstrecke POLE MECANIQUE ALÈS CEVENNES besichtigen: Eine Renn- und Trainingsstrecke, die jedenfalls aus deutscher Sicht so einige Besonderheiten aufweist, auf welche im abschließenden Komplettbericht mit entsprechendem Fotomaterial etc. noch einzugehen sein wird. In jedem Fall durften wir die Rennstrecke komplett besichtigen.... incl. einiger Runden, die wir auf unseren Bikes selbst drehen durften... Sinnvollerweise habe ich darauf verzichtet, mein Dickschiff über die Strecke zu quälen. Aber die mitfahrenden BMW R 1150 GS, Kawasaki GPZ 600, die im übrigen von einem früheren französichen Motorradrennfahrer als Teilnehmer unserer Tour in gelernter Art und Weise gefahren wurde, und Kawasaki Versys haben ein wenig Gummi auf dem Asphalt hinterlassen.... bevor Ihnen die Profis zeigten, wie so etwas richtig aussieht allerdings auch mit anderem Material...


Außerdem hatten wir bei dieser Gelegenheit erneut die Möglichkeit, mit den Fachleuten der lokalen und regionalen Tourismusverbände aus Nimes und Alès ins Gespräch zu kommen und so Informationen über die vielfältigen Aktivitätsmöglichkeiten der Region (Motorrad ist im Kommen, ansonsten u. a. Mountain-Biking, Canyoning, Wasserwandern, Kanu- und Kajak-Fahren, aber auch Ski-Langlauf im Winter) zu erhalten.

Nach diesem Spektakel ging es wieder etwas bodenständiger zu, als wir ein ehemaliges Kohle-Ausbildungsbergwerk ebenfalls in Alès besuchten und uns einen Eindruck von der früheren Situation unter Tage in einem französischen Bergwerk in den Cevennen machen konnten.

Anschließend gab es bis in die Dunkelheit hinein Kurven, Kurven, Kurven bis zu unserer nächsten Unterkunft im Hotel Restaurant Les Bruyeres in Vallerauge. Auch hier wurden wir mit einem wunderbaren Mehrgängemenue erwartet, so dass wir uns anschließend bis in die Nacht in die Sichtung unserer Foto- und Videoaufnahmen vertiefen und über die Erlebnisse des Tages fachsimpeln konnten. Und schon jetzt steht fest, dass lediglich die lange Anreise ein wenig schrecken mag. Ansonsten, so sind wir uns einig, ist die Region im Departement Le Gard mit seinen nahezu verlassenen Straßen - außerhalb der Ortschaften sind uns kaum mehr als zehn Fahrzeuge am Tag begegnet – ein El Dorado für Motorradfahrer mit gut ausgebauten Straßen zwischen nahezu unberührten Landschaften hindurch und wunderbar einsehbaren Kurven. Und über diese Gespräche und Foto-Shows wurde es spät an diesem Abend...



Die zweite Etappe sollte noch mehr schöne Landschaften und auch ein wenig regionale Besonderheiten mit sich bringen: Als besondere Spezialitäten gibt es hier süße Zwiebeln und Esskastanien (Maronen), sowie Geflügel, Wild und Kaninchen. Insbesondere die süßen Zwiebeln, die hier aber hell und nicht bläulich wie in der Provence sind, stellen so eine Art „Markenzeichen“ dieser Region dar. Demzufolge war zunächst erst einmal ein samstäglicher Marktbesuch angesagt.








Anschließend sollte es hoch hinaus auf den Mont Agouil auf über 1800 m gehen... wohlgemerkt: sollte. Denn leider hat mich meine ansonsten so zuverlässige LT bitterlich im Stich gelassen: Abends nach den zahllosen Kurven direkt in die beheizte Garage des Hoteliers gestellt, wollte sie am Morgen danach partout nicht anspringen: Nachdem wir die Klassiker (Killschalter, Seitenständerschalter, Benzinpumpe, Sicherungen etc.) gecheckt hatten, waren auch wir Laien am Ende unserer Möglichkeiten. Also zückte ich wiederum meine ADAC-Plus-Karte. Damit war der weitere Weg vorgezeichnet: Samstag Mittag, deutlich mehr als 60 km vor der nächsten (bekannten) Motorrad-Werkstatt entfernt blieb nur noch ein Weg: Das Motorrad wurde abtransportiert und gesichert abgestellt, der ADAC organisierte mir (trotz teilweisen Eisenbahnerstreiks in Frankreich!) eine Zugfahrt 1. Klasse Montpellier – Paris – Köln – Berlin für den folgenden Tag und wird die Taxikosten nach Montpellier sowie die dortigen Übernachtungskosten ersetzen: Meine Motorrad-Reise mutierte leider zur Zugreise, ich verpasste viele wunderbare Eindrücke, die für die zweite und dritte Etappe vorgesehen waren und werde wohl oder übel ein anderes Mal zurückkommen müssen, nachdem ich die Reiseberichte meiner mitfahrenden KollegInnen gelesen habe :-) Für diejenigen, die Interesse an diesen weiteren Eindrücken haben, werde ich hier darauf hinweisen, wenn sie veröffentlicht wurden.

Was bleibt für den Moment:
Es ist erstaunlich, wie gut wir sechs Tourteilnehmer, von denen ich vorher niemanden kannte, in den wenigen Stunden schon zusammen gefunden hatten und wie viel Anteilnahme, Hilfe, Rücksicht und Unterstützung ich heute erfahren durfte! Um so mehr bedauere ich, nicht mehr in dieser Gruppe fahren zu können, aber um so mehr freue ich mich auf die Eindrücke, die ich dann auch in deren künftigen Berichten nachlesen darf. Ich selbst werde nach entsprechender Fotoauswahl in Ruhe und mit geschnittenem Videomaterial der ersten Etappe anstelle der einzelnen Etappenberichte einen abschließenden Bericht mit weiteren Detailinformationen zur Region Le Gard einstellen: Das bin ich allen aus der Gruppe, dem Tourguide Jochen von endurofuntours.com (vielen Dank für so vieles, Du weißt schon) aber auch der Region, die mich emotional eingefangen hat und nicht so schnell loslassen wird, einfach schuldig! Aber auch vielen Dank für die kompetente Hilfe und Organisation durch den ADAC meiner nun leider schon notwendigen Rückreise.







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