Schon
vor meinem Start von Berlin aus Richtung Harz mit dem Ziel der
DBAutozug-Verladestation in Hildesheim wusste ich, dass die geplante
Zugfahrt bis Narbonne nur teilweise stattfinden werde: Die französischen
Eisenbahner protestierten mit landesweiten Streiks gegen die von der
Regierung beschlossene Anhebung des Rentenalters. Das bedeutete, das
mich der Autozug nur bis Lörrach chauffieren würde.
Also habe ich es mir in meinem Schlafwagenabteil gemütlich gemacht, um mich für die eigentliche Anreise zu stärken.
Am
nächsten Morgen ging es dann um 06:15 Uhr von Lörrach aus über Basel,
Lausanne und Genf in Richtung Frankreich. Die Fahrt war bis dahin wenig
ereignisreich: Das Erreichen der Marke von 120.000 km meines treuen
Gefährtes im morgendlichen Stau in Basel war fast schon das Highlight.
In
Frankreich ging es dann konsequent in Richtung Südwesten, denn eine mir
bis dahin kaum bekannte Region war mein Ziel: Das Departement Le Gard,
ein Teil der Cevennen und südlich der Ardeche gelegen. Insgesamt nahm
die Fahrt von Lörrach bis Montclus, meinem Zielort, über zwölf Stunden
in Anspruch, weil ich die Autobahnen fast vollständig mied; ansonsten
wird man einiges an Zeit sparen können. Dennoch erscheint mir jetzt nach
eigener Erfahrung die Anreise mit dem DBAutozug nach Avignon oder
Narbonne als die deutlich bessere Alternative zur eigenen Anreise auf
zwei Rädern.
Angekommen
erwartete mich ein Paradies: Schon die letzten dreißig Kilometer ließen
mit ihren gut ausgebauten Straßen, kurvenreich durch die Hügel
geschwungen, die Anstrengungen des zu Ende gehenden Tages vergessen.
Meine Unterkunft war in einem wunderschönen alten, architektonisch
höchst interessanten Haus vorbereitet, wo ein schmackhaftes Abendessen
in mehreren Gängen nebst einem sehr ansprechenden Gläschen eines
Rotweins regionaler Herkunft auf mich warteten. Als ich dann von meinem
Zimmerfenster aus kilometerweit über die bewaldeten Hügel hinweg in die
untergehende Abendsonne und das prächtige Farbenspiel am Himmel schaute,
stellte ich mir das erste Mal die Frage: Sollte man an solch einem Ort
nicht einfach bleiben?
Am
nächsten Morgen fuhren wir dann nach dem Frühstück vom Hotel La
Magnanerie in Bernas/Montclus (www.magnanerie-de-bernas.com) wiederum
eine kurvenreiche Passage, von der es im Departement Gard unzählige zu
geben scheint, durch die Berge. Ziel war das alte Chateu de Portes,
welches ehemals als Wachposten am höchsten Punkt einer Passstraße über
den Verkehr von der und in Richtung zur Camargue diente.
Anschließend
wartete ein anderer Höhepunkt auf uns: Wir durften die Rennstrecke POLE
MECANIQUE ALÈS CEVENNES besichtigen: Eine Renn- und Trainingsstrecke,
die jedenfalls aus deutscher Sicht so einige Besonderheiten aufweist,
auf welche im abschließenden Komplettbericht mit entsprechendem
Fotomaterial etc. noch einzugehen sein wird. In jedem Fall durften wir
die Rennstrecke komplett besichtigen.... incl. einiger Runden, die wir
auf unseren Bikes selbst drehen durften... Sinnvollerweise habe ich
darauf verzichtet, mein Dickschiff über die Strecke zu quälen. Aber die
mitfahrenden BMW R 1150 GS, Kawasaki GPZ 600, die im übrigen von einem
früheren französichen Motorradrennfahrer als Teilnehmer unserer Tour in
gelernter Art und Weise gefahren wurde, und Kawasaki Versys haben ein
wenig Gummi auf dem Asphalt hinterlassen.... bevor Ihnen die Profis
zeigten, wie so etwas richtig aussieht allerdings auch mit anderem
Material...
Außerdem
hatten wir bei dieser Gelegenheit erneut die Möglichkeit, mit den
Fachleuten der lokalen und regionalen Tourismusverbände aus Nimes und
Alès ins Gespräch zu kommen und so Informationen über die vielfältigen
Aktivitätsmöglichkeiten der Region (Motorrad ist im Kommen, ansonsten u.
a. Mountain-Biking, Canyoning, Wasserwandern, Kanu- und Kajak-Fahren,
aber auch Ski-Langlauf im Winter) zu erhalten.
Nach
diesem Spektakel ging es wieder etwas bodenständiger zu, als wir ein
ehemaliges Kohle-Ausbildungsbergwerk ebenfalls in Alès besuchten und uns
einen Eindruck von der früheren Situation unter Tage in einem
französischen Bergwerk in den Cevennen machen konnten.
Anschließend
gab es bis in die Dunkelheit hinein Kurven, Kurven, Kurven bis zu
unserer nächsten Unterkunft im Hotel Restaurant Les Bruyeres in
Vallerauge. Auch hier wurden wir mit einem wunderbaren Mehrgängemenue
erwartet, so dass wir uns anschließend bis in die Nacht in die Sichtung
unserer Foto- und Videoaufnahmen vertiefen und über die Erlebnisse des
Tages fachsimpeln konnten. Und schon jetzt steht fest, dass lediglich
die lange Anreise ein wenig schrecken mag. Ansonsten, so sind wir uns
einig, ist die Region im Departement Le Gard mit seinen nahezu
verlassenen Straßen - außerhalb der Ortschaften sind uns kaum mehr als
zehn Fahrzeuge am Tag begegnet – ein El Dorado für Motorradfahrer mit
gut ausgebauten Straßen zwischen nahezu unberührten Landschaften
hindurch und wunderbar einsehbaren Kurven. Und über diese Gespräche und
Foto-Shows wurde es spät an diesem Abend...
Die
zweite Etappe sollte noch mehr schöne Landschaften und auch ein wenig
regionale Besonderheiten mit sich bringen: Als besondere Spezialitäten
gibt es hier süße Zwiebeln und Esskastanien (Maronen), sowie Geflügel,
Wild und Kaninchen. Insbesondere die süßen Zwiebeln, die hier aber hell
und nicht bläulich wie in der Provence sind, stellen so eine Art
„Markenzeichen“ dieser Region dar. Demzufolge war zunächst erst einmal
ein samstäglicher Marktbesuch angesagt.
Anschließend
sollte es hoch hinaus auf den Mont Agouil auf über 1800 m gehen...
wohlgemerkt: sollte. Denn leider hat mich meine ansonsten so
zuverlässige LT bitterlich im Stich gelassen: Abends nach den zahllosen
Kurven direkt in die beheizte Garage des Hoteliers gestellt, wollte sie
am Morgen danach partout nicht anspringen: Nachdem wir die Klassiker
(Killschalter, Seitenständerschalter, Benzinpumpe, Sicherungen etc.)
gecheckt hatten, waren auch wir Laien am Ende unserer Möglichkeiten.
Also zückte ich wiederum meine ADAC-Plus-Karte. Damit war der weitere
Weg vorgezeichnet: Samstag Mittag, deutlich mehr als 60 km vor der
nächsten (bekannten) Motorrad-Werkstatt entfernt blieb nur noch ein Weg:
Das Motorrad wurde abtransportiert und gesichert abgestellt, der ADAC
organisierte mir (trotz teilweisen Eisenbahnerstreiks in Frankreich!)
eine Zugfahrt 1. Klasse Montpellier – Paris – Köln – Berlin für den
folgenden Tag und wird die Taxikosten nach Montpellier sowie die
dortigen Übernachtungskosten ersetzen: Meine Motorrad-Reise mutierte
leider zur Zugreise, ich verpasste viele wunderbare Eindrücke, die für
die zweite und dritte Etappe vorgesehen waren und werde wohl oder übel
ein anderes Mal zurückkommen müssen, nachdem ich die Reiseberichte
meiner mitfahrenden KollegInnen gelesen habe :-) Für diejenigen, die
Interesse an diesen weiteren Eindrücken haben, werde ich hier darauf
hinweisen, wenn sie veröffentlicht wurden.
Was bleibt für den Moment:
Es
ist erstaunlich, wie gut wir sechs Tourteilnehmer, von denen ich vorher
niemanden kannte, in den wenigen Stunden schon zusammen gefunden hatten
und wie viel Anteilnahme, Hilfe, Rücksicht und Unterstützung ich heute
erfahren durfte! Um so mehr bedauere ich, nicht mehr in dieser Gruppe
fahren zu können, aber um so mehr freue ich mich auf die Eindrücke, die
ich dann auch in deren künftigen Berichten nachlesen darf. Ich selbst
werde nach entsprechender Fotoauswahl in Ruhe und mit geschnittenem
Videomaterial der ersten Etappe anstelle der einzelnen Etappenberichte
einen abschließenden Bericht mit weiteren Detailinformationen zur Region
Le Gard einstellen: Das bin ich allen aus der Gruppe, dem Tourguide
Jochen von endurofuntours.com (vielen Dank für so vieles, Du weißt
schon) aber auch der Region, die mich emotional eingefangen hat und
nicht so schnell loslassen wird, einfach schuldig! Aber auch vielen Dank
für die kompetente Hilfe und Organisation durch den ADAC meiner nun
leider schon notwendigen Rückreise.
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