Montag, 5. September 2016

HJC R-PHA MAX

Februar 2012:


Im Zusammenhang mit der Bekanntgabe eines neuen Klapphelms des weltgrößten Helmherstellers HJC bin ich im vergangenen Jahr auf den neuen R-PHA MAX aufmerksam geworden. Die Konstruktion versprach, eine interessante Alternative zu meinem aktuellen Schuberth C3 zu werden, der nun schon einige Kilometer zurückgelegt hat.


Um so mehr freut es mich, dass der Deutschland-Vertrieb von HJC an der Herausforderung interessiert ist, die Qualitäten des R-PHA MAX auf einer besonderen Motorradreise unter die Lupe nehmen zu lassen. So wird HJC bei unserem diesjährigen Projekt, einer Motorradreise zu den weißen Nächten der Sommersonnenwende an den Polarkreis (www.Polarkreis.Motorrad-Tourer.com) als exclusiver Helmpartner alle Teilnehmer ausstatten.


Ich selbst habe mich natürlich für den R-PHA MAX entschieden, da ich bekennender Klapphelm-Fan bin. Dieses Exemplar weist einige Besonderheiten auf, die mich neugierig gemacht haben: Zunächst spendiert HJC dem Helm sogar drei verschiedene Helmschalen: XS und S nutzen die kleinste Schale, die Größen M und L  basieren auf der mittelgroßen und die größte Schale ist den Größen XL und XXL vorbehalten.


Außerdem ist der R-PHA MAX durch ein äußerst geringes Gewicht gekennzeichnet: Mit der kleinsten Schale bringt er nur sagenhafte 1400 Gramm auf die Waage, was für einen Klapphelm besonders wenig ist; mit der größten Helmschale sind es auch nur 1500 Gramm. Das geringe Gewicht merkt man schon beim bloßen Anheben; auf dem Kopf wirkt er wie ein leichter Sporthelm.

Die Farbauswahl deckt momentan mehrere Schwarz- und Anthrazittöne sowie weiß und silber ab. Ich habe mich für anthrazit entschieden, was auf mich einen edlen Eindruck machte. Aber auch darüber hinaus macht der Helm zunächst einen äußerst wertigen Eindruck. Die Polster wirken straff, der Stoff angenehm auf der Haut.


Das eingebaute Sonnenvisier ist auf der Helmoberseite zu bedienen. Hier hatte ich an die seitliche Aktivierung beim C3 gewöhnt zunächst einige Koordinationsschwierigkeiten, die sich aber mit etwas Übung beheben lassen sollten. Gut finde ich, dass mit einem leichten  Klapps auf die Helmoberseite eigentlich immer die Lösung der Arretierung vorgenommen werden kann.


Am Kinn und Hals schließt der HJC ähnlich dicht ab, wie ich es von meinem aktuellen Begleiter kenne. Damit dürfte auch beim R-PHA MAX die Geräuschkulisse sehr erträglich werden. Im Gegensatz zum sportlichen Modell R-PHA 10 erfolgt der Verschluss nicht mittels Doppel-D-Schnalle, sondern per individuell einstellbarem Ratschensystem.
Für die richtigen Anpassungen und Einstellungen des Helms habe ich wieder auf das Knowhow von Filialleiter und Helmchief Frank Kirstein in der POLO-Filiale Berlin-Holzhauser Straße zurückgegriffen. Bestens betreut sind nun Helm und Fahrer gespannt auf den ersten gemeinsamen Ausritt. Erste Fahrerfahrungen wird es dann nach eingetretenem Tauwetter geben, bevor dann auch die neue Kommunikationsanlage installiert wird. Aber dazu später und an anderer Stelle mehr.
Alle Bilder zum HJC  R-PHA MAX befinden sich auf dem Flickr-Account von Motorrad-Presse.com unter http://www.flickr.com/photos/motorrad-presse/sets/72157629290236253/



Update 13.08.2012:

Mittlerweile hat der R-PHA Max fast 10.000 km hinter sich gebracht. Oder sollte ich besser sagen, „die“ R-PHA Max? Aber der Reihe nach:

Zusätzlich motiviert durch die positiven Einschätzungen eines geschätzten Kollegen (http://www.biker-reise.de/ausrustung/der-helm/) habe ich mich seit Frühjahr 2012 an ausgiebige Testfahrten mit dem neuen HJC-Flaggschiff im Tourenbereich, einige davon nach Einbau des Bluetooth-Headsets von BlueBike gemacht. Dabei sind mir folgende Punkte positiv aufgefallen:


Das äußerst geringe Gewicht von gerade einmal 1400 Gramm macht sich auch auf Tour bemerkbar: Ermüdungserscheinungen im Nackenbereich kennt man nicht. Sogar nach längeren Fahrten – zum Teil habe ich Tagesetappen von mehr als 11 Stunden bei nur geringen Pausen zurückgelegt – setzt man den Helm entspannt ab.

Auch die Aerodynamik bringt Pluspunkte: Sowohl im „Geradeauslauf“ auch bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn als auch beim seitlichen Kopfdrehen („Radfahrerblick“ oder dgl.) liegt der Helm absolut ruhig im Luftstrom. Kein Schütteln oder Verreißen sorgt für unangenehme Überraschungen.

Viele Nutzer von Klapphelmen fahren – auch wenn es nicht zulässig ist – mit aufgeklapptem Kinnteil. Wer dies mit dem R-PHA Max vorhat, wird über die äußerst geringe Geräuschkulisse begeistert sein. Hier helfen die angenehm eng anliegenden Wangenpolster aus hautfreundlichem Stoff und dichten den Helm großartig ab. Den Vergleich mit meinem bisherigen Schuberth C3, dem sich der R-PHA Max immer stellen muss, gewinnt letzterer in dieser Disziplin deutlich!


Das untere Ende des Helms ist recht kurz geschnitten, so dass er sich mit den hochgezogenen Kragen meiner beiden Rukka-Kombis „Airoad“ und „ARMAS“ nie ins Gehege kommt. Das ist äußerst angenehm zu tragen, zumal auch hier das Helmpolster eng anliegt, ohne dabei jemals unangenehm zu sein.

Bei kühlen und/oder feuchten Verhältnissen ist das Beschlagen des Visiers am R-PHA Max ein unbekanntes Phänomen: Dank Pin-Lock-Technik hat man immer uneingeschränkt freie Sicht.


Die Sichtverhältnisse profitieren auch von der schon angesprochenen integrierten Sonnenblende. Gerade bei Fahrten, während derer man vom gleißenden Sonnenlicht in dunkle Tunnel wechselt, weiß man das Vorhandensein eines solchen Features zu schätzen. Hier sei ein wichtiger Hinweis platziert: Standardmäßig wird der HJC R-PHA Max mit einem nur wenig getönten Sonnenvisier ausgestattet. Mir war dies für meine Einsatzzwecke (Nutzung nur bei Sonnenschein) zu wenig. Und so war ich dann sehr froh, dass der Hersteller ein weiteres, deutlich stärker getöntes Sonnenvisier als Zubehör anbietet (Bezeichnung Sun Visor, HJ-V7, Dark Smoke, Artikelnummer HEH02H7002000) das ich nun auch nutze und das meine Wünsche wesentlich besser erfüllt als das Standard-Sonnenvisier. Ein Austausch ist anhand der beim Helm mitgelieferten Bedienungsanleitung mit zwei Handgriffen in weniger als einer Minute auch für einen technischen Laien spielend möglich.

Optisch sind beide Sonnenvisiere qualitativ hochwertig: es kommt kaum zu Verzerrungen der Optik, so dass auch hier ermüdungs- und kopfschmerzfreises Fahren über viele Stunden möglich wird.


Im Gegensatz zu meinem oben erwähnten Kollegen bin ich äußerst dankbar, dass der HJC R-PHA Max nicht mit einem Doppel-D-Verschluss sondern mit einem Ratschenverschluss ausgestattet ist. Diesen empfinde ich als wesentlich komfortabler in der Handhabung, insbesondere mit Handschuhen.

Leider musste ich dem Hersteller aber auch einige mich weniger überzeugende Punkte rückmelden, auf die ich auch hier eingehen möchte:

Obwohl das Polster wie angesprochen wunderbar eng anliegt, überrascht der R-PHA Max bei zugeklapptem Kinnteil hinter der Scheibe meines Reisedampfers BMW R1150RT mit deutlichen Geräuschen. Das bin ich so vom C3 nicht gewohnt. Erstaunlicherweise wird dies noch deutlicher, wenn man das Visier schließt. Dann wird der R-PHA Max noch lauter und verliert im direkten Vergleich deutlich an Boden.

Schon mein Kollege von Biker-Reise.de hat die sich leicht lösenden Verbindungen vom Polster zur Helmschale angesprochen. Mich hat das bei meinem (ersten, dazu später mehr) Modell sehr gestört: Nach dem Absetzen trage ich meinen Helm immer quasi umgedreht mit der Halsöffnung nach oben so in einer Hand, dass die Langfinger die Polster umfassen, während der Daumen außen an der Helmschale den Gegendruckpunkt markiert. Dabei habe ich das Polster leider ausnahmslos jedes Mal herausgelöst.


Auch der unten an der Helmschale angebrachte windabweisende Kinnschutz zeigte diese Merkmale: Er ist mittig relativ fest mit der Schale verbunden, auf beiden Seiten aber nur hinter das Polster geklemmt. Dadurch gibt es zwei Situationen, in denen sich dieses Kinnteil (teilweise) löst: Zum einen, wenn man den Helm nach dem Absetzen in der oben beschriebenen Art und Weise am Kinnteil tragen will.

Das gleiche erlebt man, wenn man mit geöffnetem Kinnteil losfährt, um das Kinnteil dann nach wenigen Metern zu schließen: Wer hier von unten hinter den Windschutz greift, zerrt diesen ebenfalls heraus, was nun während der Fahrt besonders unangenehm ist.

Schließt man dagegen das Kinnteil, indem man mit der Hand von außen auf die Schale des Kinnteils drückt, ist die Arretierung recht hakelig und man muss ordentlich Kraft aufbringen, um das Kinnteil mit einem lauten Krachen dann zu schließen.

Da meine Kollegen und ich im Hinblick auf die seinerzeit in der Vorbereitung befindliche Polarkreistour sehr frühzeitig bereits Vorserienmodelle dieses Helms erhielten, traten dann auch bei einigen Exemplaren Probleme mit den Scharnieren und Verbindungen der Kinnteile auf. Mittlerweile hat HJC darauf sehr schnell reagiert und die Qualität deutlich verbessert. Nach unseren dem Hersteller signalisierten Kritikpunkten gab es dann auch schnellen Ersatz durch aktuelle Serienexemplare des R-PHA Max, bei denen viele Kritikpunkte bereits ausgemerzt oder zumindest deutlich verbessert wurden:

Die Alu-Schrauben an der Befestigung des Kinnteils wurden durch Stahlschrauben ausgetauscht und die gesamte Mechanik wurde in ihrer Funktionalität deutlich verbessert. Auch die oben beschriebenen Probleme mit der Befestigung der Polster hat der Hersteller wenn auch noch nicht vollständig beseitigt, so doch deutlich verbessert: Bei meinem nun zweiten Exemplar des R-PHA Max sind die druckknopfartigen Verbindungen vom Polster zur Helmschale schon etwas fester. Hier ist man nach meiner Einschätzung auf einem guten Weg, auch wenn ich mir noch festere Verbindungen wünschen würde.

Nach wie vor bin ich allerdings vom integrierten Sonnenvisier nur begrenzt überzeugt: Neben den unterschiedlichen Tönungen sind mir zwei Dinge aufgefallen: Im direkten Vergleich zum C3 ist die Auslösemechanik an der Helmoberseite weniger ergonomisch platziert. Beim C3 reicht es, mit der linken Hand an den Halsausschnitt des Helms zu greifen, um dort mit einem Schieberegler das Sonnenvisier stufenlos herunter- oder herauffahren u können. Damit ist eine bequeme und individuelle Einstellungsmöglichkeit an die jeweiligen Sonnen- und Sichtverhältnisse gewährleistet.

Beim R-PHA Max dagegen sind nur zwei Stufen vorgesehen, die auch noch dicht beieinander liegen. Auch das Zurückfahren der heruntergelassenen Sonnenblende ist quasi nur „digital“ möglich: Mit einem Klaps auf die Helmoberseite trifft man ziemlich sicher den Knopf zum Lösen und das Sonnenvisier gleitet in die Helmschale zurück.

Die zweite Auffälligkeit betrifft Größe und Form der Sonnenblende: Sie reicht beim R-PHA Max nicht all zu weit hinunter. So liegen beispielsweise bei der aufrechten Sitzhaltung auf meinem Reisedampfer die Instrumente regelmäßig unterhalb des unteren Endes des Sonnenvisiers. Das führt zum einen dazu, dass die Augen bei zwischenzeitlichen Kontrollblicken auf den Tacho Lichtsprünge zu verarbeiten haben: Beim Blick auf die voraus liegende Straße wird die Sonnenstrahlung verdunkelt an die Augen geführt, blickt man nur kurz auf die Instrumente (ohne den Kopf dabei zu senken, was ich ansonsten auch nicht brauche), wird man von der Helligkeit fast ein wenig geblendet. Dies kann wiederum auf längeren Fahrten zu Ermüdungserscheinungen und Beeinträchtigungen der Konzentration führen.

Das gleiche gilt auch für die Form der Sonnenblende, die an dem linken und rechten Rand nochmals deutlich kürzer geschnitten ist. Damit dringt dauerhaft auf beiden Seiten Sonnenlicht unter das Sonnenvisier und beeinträchtigt so die Sichtverhältnisse.

Eine weitere Beeinträchtigung des Sichtfeldes tritt durch den Öffnungsknopf für das Hauptvisier auf. Dieser ist aus meiner Sicht überdimensioniert und steht bei leicht oder nur teilweise geöffnetem Visier immer „im Weg“.

Gewöhnungsbedürftig ist auch der serienmäßig mitgelieferte Atemschutz. Hier ist auf dem unteren Rand der Visieröffnung ein kleines Kunststoff-Dreieck angebracht, das ebenfalls ein Beschlagen des Visiers verhindern soll. Leider ist es so geformt, dass ich dann auf meinem Reisedampfer die Instrumente gar nicht mehr sehen kann und den Kopf extrem vorbeugen muss. Dank Pin-Lock ist dieses tool aber auch nicht notwendig, so dass ich es zügig entfernt habe. Nachteil: Dieser Atemschutz wird an zwei Nippeln auf dem unteren Visierrand aufgesteckt, die nach dem Entfernen des Atemschutzes ebenfalls quasi „im Augenwinkel“ am unteren Ende des Sichtfeldes ablenken, jedenfalls so lange, bis man sich daran gewöhnt hat und sie nicht mehr wahrnimmt.


Der Ratschenverschluss des Kinnriemens ist mit einem kleinen Stückchen Stoffband verlängert. Damit wird das Öffnen noch mit angezogenen Handschuhen erleichtert. Leider kann es dadurch zu unfreiwilligem Öffnen dieses Verschlusses kommen: gerade bei heißen Temperaturen fahre ich regelmäßig ohne Halstuch, Nackenwärmer oder dgl. Bei den ebenfalls oben schon angesprochenen hochgezogenen Kragen der Rukka-Kombis kann sich diese Stoffverlängerung am Kinnriemenverschluss zwischen Kragen und Hals des Fahrers bewegen, dort beim Kopfdrehen eingeklemmt und somit ausgelöst werden. Bei mir selbst hat sich auf diese Art der Kinnriemenverschluss tatsächlich schon während der Fahrt von allein geöffnet.

Beim genauen Lesen meiner Erfahrungen wird man feststellen, dass mehrere Einschätzungen sehr individuell sind und von weiteren Voraussetzungen „des Umfelds“ abhängen: Auf anderen Motorrädern wird sich die Lautstärke des Helms ganz anders darstellen. Andere Sitzhaltungen auf anderen Motorrädern bedingen andere Sichtfelder, so dass die Erfahrungen mit dem Sonnenvisier abweichen können. Anders geschnittene Motorradkleidung wird keine Probleme mit dem Kinnriemenverschluss hervorrufen.

Wir sehen das auch schon an der von meiner Einschätzung stark abweichenden Bewertung des Helms durch meinen Kollegen von Biker-Reise.de. Insofern gilt auch hier: Die eigene Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen, oder wie meine Eltern schon zu sagen pflegten: Probieren geht über studieren :-)

Für mich selbst muss ich aber das Fazit ziehen, dass mich der R-PHA Max erst nach weiterer Modellpflege wird vollständig überzeugen können: Mit dem Verhältnis aus positiven aber auch verbesserungsfähigen Eindrücken schafft es das Top-Reisemodell von HJC nicht, den schon ordentlich in die Jahre und Kilometer gekommenen C3 zu verdrängen, der – jedenfalls momentan noch – meine erste Wahl auf meinen Touren und Reisen bleibt.




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